„Händler müssen sich darauf einstellen“ – so lautet der Titel meines Interviews zum Social Commerce. Das Interview habe ich vor gut 2 Wochen mit Nico Buchholz von der Neuen Westfälischen geführt und freue mich sehr, dass es nun auch online verfügbar ist. Worum geht’s im Interview?
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Abgrenzung Social Commerce vs. Social Shopping
Wie in einem meiner letzten Beiträge angekündigt, widme ich mich heute der Abgrenzung der Begriffe Social Commerce und Social Shopping.
Im Rahmen vieler Diskussionen im Netz wäre es mE sinnvoll, sich vorerst ein paar Gedanken zur Abgrenzung zu machen, um so auf einer gemeinsamen und vernünftigen Basis analysieren zu können. Für die Begriffe Social Shopping und Social Commerce ist in der Literatur für kein einheitliches Begriffsverständnis vorzufinden und es kommt nicht selten zu einer synonymen Verwendung. [1]
Social Commerce als Ausprägung des E-Commerce: Definition und Begriffsabgrenzung
Heute möchte ich den Begriff Social Commerce einmal näher diskutieren, da es in den letzten Jahren viele Definitionsversuche und Diskussionen in Wissenschaft, Praxis und der Blogosphere (z.B. hier und im Rahmen der damals von mir intensiv verfolgten Diskussion dazu auch hier sowie sehr schön mit Bezug zum Kaufprozess hier) gegeben hat, aber – wer hätte es gedacht 😉 – ohne dass dabei eine allgemeinhin anerkannte Social Commerce-Definition herausgesprungen ist.
Aber: im Rahmen meiner im Sept. 2012 publizierten Dissertation zu Social Shopping sowie weiteren Publikationen (u.a. Holsing, C./Schäfers, B. 2010: Social Commerce vor dem Hintergrund des Multichannel-Retailing) habe ich den Begriff Social Commerce ausführlich diskutiert, um so den aktuellen Stand der Diskussion darzulegen. Einige der folgenden Ausführungen und Gedanken stammen dementsprechend aus diesen Schriften.
Die Entwicklung des Social Commerce geht einher mit dem Aufkommen der Sozialen Medien (vgl. Olbrich/Holsing 2011b, S. 314 ff.). Der Begriff ‚Social Commerce‘ wurde Ende 2005 von Rubel im Rahmen seiner Trendvorschau für das Jahr 2006 geprägt. Seine Definition von Social Commerce lautet: „Creating places where people can collaborate online, get advice from trusted individuals, find goods and services and then purchase them.“.
Im Folgenden möchte ich meine Sicht auf den Begriff Social Commerce nun näher darlegen: Social Commerce steht generell für eine Ausprägung des E-Commerce, in deren Rahmen Konsumenten in den Marketingprozess involviert sind und z. B. als Entwickler, Berater und Verkäufer von Waren und digitalen Gütern auftreten (vgl. z. B. Richter/Koch/Krisch 2007, S. 14 ff.; Bächle 2008, S. 130; IBM 2009, S. 2 ff.; Stephen/Toubia 2010, S. 215). Somit wird die klassische Rollenverteilung der beteiligten Akteure (Konsumenten, Mediatoren, Unternehmen) neu definiert (vgl. z. B. Richter/Koch/Krisch 2007, S. 5). Die zwischenmenschlichen Beziehungen und Interaktionen vor, während und nach einer Transaktion stehen im Mittelpunkt und ergänzen E-Commerce um die Kooperations- und Kommunikationsebene (vgl. Richter/Koch/Krisch 2007, S. 5).
Eine Vielzahl neuer Social-Commerce-Geschäftsmodelle konzentriert sich bereits auf zentrale Charakteristika des Web 2.0, z. B. auf Interaktivität und Dezentralität, und bindet Konsumenten in die Ausgestaltung des Geschäftsmodells ein. Die Nutzerzahlen entsprechender Plattformen steigen rasant, und etliche ‚Start-Ups‘ sind mit nicht unerheblichem Wagniskapital ausgestattet.
Social Commerce kann dabei in Sozialen Medien oder auf unternehmenseigenen Websites eingesetzt und u. a. in den Herstellungs-, Kauf- oder Nachkaufprozess integriert werden. Eine weitere Kategorisierung und Beschreibung von Social Commerce-Geschäftsmodellen ist u. a. bei Holsing/Schäfers 2010b, S. 258 ff. zu finden Der Konsument lässt sich durch neue Technologien, Applikationen oder Funktionalitäten direkt in diese Prozesse einbinden.
Im Rahmen des Herstellungsprozesses kann ein Unternehmen z. B. Konsumenten am Innovationsprozess beteiligen. Bekannte Beispiele sind u. a. InnoCentive und Tchibo Ideas. Bei Tchibo Ideas werden der Community Aufgaben zur Bewältigung von Alltagsproblemen gestellt, die gemeinsam gelöst werden. Die Community stimmt über die besten Produktideen ab, die dann Einzug in das Sortiment von Tchibo erhalten. Darüber hinaus bieten einige Plattformen die Möglichkeit zur personalisierten Produktgestaltung, z. B. die Gestaltung von T-Shirts bei Spreadshirt.
Der Kaufprozess kann vielfältig durch Social Commerce beeinflusst werden. Nutzergenerierte Produktbewertungen stellen eine verbreitete und relevante Informationsquelle dar und können dem Social Commerce zugerechnet werden. Bewertungen spielen eine zunehmende Relevanz beim Kauf, da neben den Empfehlungen von Bekannten (90 Prozent) Kundenbewertungen im Internet (70 Prozent) im Zuge der Kaufentscheidung das höchste Vertrauen entgegengebracht werden (Nielsen 2009). Beim Kauf spielt zudem der Preis eine wesentliche Rolle. Das ‚menschliche‘ Pendant zu Preisvergleichsdiensten stellen ‚Social Bargain Hunting Communities‘ dar. Auf derartigen Plattformen suchen die Mitglieder nach dem günstigsten Preis für Produkte und agieren quasi als ‚menschliche Preissuchmaschine‘. Auf shop-zentrierten Marktplätzen können Privatpersonen zudem als Verkäufer mit einem eigenen Online-Shop auftreten und selbsthergestellte oder fremde Produkte anbieten.
In der Nachkaufphase unterstützen sich Konsumenten z. B. durch Ratgeberdienste bzw. Verbraucherplattformen, u. a. Ciao und Productwiki. Diese berücksichtigen in erster Linie produktorientierte Informationstransfers von Kunde zu Kunde. Jeder registrierte Nutzer kann Kommentare und Bewertungen abgeben und so andere Nutzer beraten.
Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass es enorm schwierig ist, einen Begriff wie Social Commerce ‚kurz und knackig‘ zu definieren. Durch meine (leider nicht kurze) Diskussion hoffe ich aber, einen hilfreichen Überblick gegeben zu haben.
Ebenso schwierig gestaltet es sich mE, die Begriffe Social Commerce und Social Shopping voneinander abzugrenzen! Doch dazu demnächst mehr von mir… oder aber auch jetzt von Dir in den Kommentaren!
Das Geschäftsmodell ‚Social Shopping-Community‘
An dieser Stelle möchte ich kurz auf das Geschäftsmodell ‚Social Shopping-Community‘ eingehen und die Partialmodelle diskutieren. Dieses Geschäftsmodell ist Untersuchungsgegenstand meiner Dissertation „Kaufverhaltensforschung in Social Shopping Communities“ und soll deshalb im Rahmen der ersten Blogbeiträge im Mittelpunkt stehen.
Social Shopping fokussiert allgemein auf Online-Konsumenten und dessen Kaufhandlungen und stellt somit eine Kategorie des Konsumentenverhaltens dar (vgl. Krisch/Haderlein 2008, S. 66). Hier kommt es auf die aktive Teilhabe am Prozess und das Erlebnis an. Beim Social Shopping geht es um ein gemeinsames Shopping-Erlebnis, bei dem der Fokus stärker auf den Konsumenten (vgl. Pichler 2008, S. 17), dessen Geschmack und Stil gerichtet ist als auf den reinen Preisvergleich von Produkten.
In Anlehnung an Wirtz werden folgend die Partialmodelle des Geschäftsmodells (s. Wirtz 2000, S. 81ff.) vorgestellt und somit die wichtigsten Akteure, Funktionen, Erlösmöglichkeiten und Leistungsangebote einer Social Shopping-Community dargestellt. Das Leistungserstellungs- und Distributionsmodell werden an dieser Stelle nicht berücksichtigt, da diese bei Virtuellen Communities eher im Hintergrund stehen (vgl. Leimeister/Bantleon/Krcmar 2002, S. 9).
Das Teilnehmermodell bestimmt die Akteure, die durch verschiedene Interaktionen an der Unternehmung beteiligt sind. Die angeschlossenen Online-Shops treten als Anbieter in Erscheinung. Die Seite der Nachfrager wird durch die Besucher bzw. Mitglieder repräsentiert.
Das Beschaffungsmodell bestimmt die Inputfaktoren, die zur Leistungserstellung benötigt werden. Dabei handelt es sich um das Produktangebot der partizipierenden Online-Shops und insbesondere nutzergenerierte Inhalte der Mitglieder in Form von Listen, Styles und Bewertungen.
Das Erlösmodell zeigt die Arten der Erlöserzielung auf. Bei Social Shopping-Communities stellt die indirekte Erlösgenerierung in Form von Provisionszahlungen der Online-Shops die Haupteinnahmequelle dar.
Das Leistungsangebotsmodell lässt sich in vier Teilbereiche untergliedern (vgl. das 4C-Net-Business-Modell bei Wirtz 2000, S. 88). Der Bereich Commerce steht bei Social Shopping-Communities im Fokus des Leistungsangebots. Die Plattformen bzw. Betreiber einer Social Shopping-Community tragen durch ihre Vermittlerrolle hauptsächlich zur Geschäftsanbahnung bei, wobei die Abwicklung der Transaktionen über die Partnershops erfolgt. Eng damit verbunden ist der Teilbereich Connection. Hier spielt die Einbindung der Community-Plattform eine wichtige Rolle. Sie bietet den Mitgliedern die Möglichkeit der Interaktion und hat für die Geschäftsanbahnung eine hohe Bedeutung. Der Teilbereich Context dient der Sammlung, Systematisierung, Klassifizierung und Speicherung der Angebotspalette. Interne Suchsysteme ermöglichen einen zielgerichteten Zugriff auf die gewünschten Produkte der Online-Shops. Die Bereitstellung von eigen- und fremderstellten Inhalten ist Hauptaufgabe des Teilbereichs Content. Seitens des Portalbetreibers handelt es sich vor allem um personalisierte Produktvorschläge und Sonderangebote. Zu den fremderstellten Inhalten zählt User-generated Content in Form von bspw. Bewertungen, Listen und Styles. Ein Style ist ein von einem Community-Mitglied zusammengestelltes Sortiment mit verschiedenen Produkten zu einem bestimmten Themenbereich (Produkt-Collage). Folgend ein Screenshot zur Listenübersicht bei www.smatch.com:
Populäre Social Shopping Communities sind u.a. www.polyvore.com, www.kaboodle.de und im deutschsprachigen Raum www.smatch.com, www.stylight.de und www.edelight.de. Der Fokus dieser Communities/Plattformen liegt – wie oft bei Web 2.0-Geschäftsmodellen – auf einer spezifischen Nutzergruppe. Hier handelt es sich i.d.R. um Frauen und Mode. Insgesamt wächst die Nutzung solcher Plattformen, wobei es recht unterschiedliche Ausprägungen gibt. Hierzu jedoch demnächst mehr!
Social Commerce Blog
So, nach einiger Anlaufzeit geht es hier nun langsam los bzw. weiter. Nachdem ich bereits 2008 meinen ersten Blogbeitrag (http://social-e-tailing.blogspot.com/2008/01/erste-definitionen.html: the blog about social commerce, social shopping, and e-commerce — providing insights for academica and management) zu themenspezifischen Definitionen (E-Commerce, E-Tailing, Web 2.0 und Social Commerce) veröffentlicht habe, soll es an dieser Stelle nun ein wenig regelmäßiger zu Beiträgen kommen. Leider ließ meine Forschung zu Social Commerce und Social Shopping kaum Zeit, um interessante Blogbeiträge zu verfassen.
Der Fokus soll nun aber wie bisher auf spannenden Entwicklungen rund um E-Commerce und Online-Marketing, insbesondere im Bereich Social Commerce, liegen und zu anregenden Diskussionen führen.